Herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler (JKU Linz, Haslinger und Nagele) liegt nun das Essay Das Drama (mit) der Gerechtigkeit vor, das zudem Gegenstand einer Gast-Vorlesung im Fachbereich RECHTSWISSENSCHAFT war.

In dem Text schaue ich mir Prozess-„Geschichten“ aus dramaturgischer Perspektive an.

Machen wir uns das Vergnügen (oder die Mühe) und betrachten wir die Situation vor Gericht – Anklage, Verhandlung, Urteil – als wäre sie eine Geschichte, genauer noch: als einen Film. Denn jeder Inszenierung, also auch der Verhandlung, liegt eine Erzählung zugrunde und jeder Erzählung wiederum wohnt ein universeller Aspekt inne. Das betrifft auch die „Geschichte“, die uns im und aus dem Gerichtsraum entgegenschlägt […]

Es stellt sich die Frage, wie wir in Zeiten hochemotionalisierter Prozesse zu einem Urteil kommen können, dem ein Prozess der Reflektion vorausgeht. Nur die Reflektion kann Affekte, die unmittelbar auftreten und nicht selten der Projektion dienen, in Mitgefühl verwandeln.

Da jede Form der Inszenierung emotionalisiert, auch ungewollt, braucht es ein Verständnis davon, wie und durch welche Mittel Emotionen im szenischen Rahmen aktiviert werden, zumal dann, wenn die Emotionalisierung der Öffentlichkeit überhandnimmt. Wichtig bleibt hier, die Vorgänge vor Gericht davon unbeeinflusst zu lassen, statt die einmal aktivierten Emotionen auch noch zu bedienen, nur um der Öffentlichkeit zu gefallen, beziehungsweise der eigenen Eitelkeit zu erlauben, innerhalb des Verfahrens in Posen zu verfallen, wie es Hannah Arendt im Eichmann-Prozess dem Staatsanwalt Gideon Hausner attestierte […] Emotionalität darf die ja anzustrebende Objektivität nicht ablösen, während zugleich Klarheit darüber herrschen sollte, dass es keine Objektivität geben kann, in keiner Erzählung. Und jedes Strafverfahren IST eine Erzählung, auch wenn sie innerhalb des Gerichtssaals als Sachlichkeit inszeniert wird.

Für Vorträge, Podiumsdiskussionen, Lesungen und Präsentationen stehe ich gern zur Verfügung.

Seit siebzehn Jahren lebe ich in Österreich.

Doch erst jetzt schaffte ich es nach Klagenfurt – nein, nicht zum Bachmann-Wettbewerb, aber zum Grab Ingeborg Bachmanns, das ich als Auftakt zu einer Lesereise besuchen durfte.

Organisiert von der Buchhandlung Besold führte sie mich von Sankt Veit an der Glan über Brückl und Tanzenberg.

Und während mein neuer Roman in der Druckerei vor sich hindruckte, stellte ich hier in erster Linie meine Jugendbücher vor.

Doch ob für Jugendliche oder Erwachsene: Für all mein Schreiben gilt, was ich bereits Walter Pobaschnig gegenüber in seinem Interview über meine Bezüge zu Bachmann sagte:

Wie sie glaube ich an die Notwendigkeit, das Denken zu erlernen, zu erproben und mit Hilfe dieses Denkens zu versuchen, das, was wir fühlen und vorfinden, zu durchdringen und Veränderung herbeizuführen. Ohne die Bereitschaft, sich dem Schmerz und dem Nicht-Verstehen-Können zu öffnen und sich den Fragen auszusetzen, auf die es keine eindeutigen Antworten geben kann, werden wir vermutlich keine neuen Formen des Miteinanders entwickeln. Auch nicht zwischen Mann und Frau. Und dafür braucht es wohl die Introspektion, das Ausdifferenzierte, den gelegentlichen Abstand.

Und den Austausch mit der Leserschaft.

Danke Ingeborg Bachmann. Danke den Begegnungen während der Lesereise.

Die Leserunde von dem Jugend- und Erwachsenenbuch Der Rabe ist Acht ist abgeschlossen und ich bedanke mich für den regen Austausch. Einige Rezensionen gibt es hier zu lesen.

Die Arbeit an dem Buch begann mit einem Artikel aus der ZEIT, in dem über das Problem von zunehmender Gewalt an Schulen geschrieben wurde. Mich bewegte die Ratlosigkeit, die sich angesichts der Amokläufe in den USA einstellte, und ich wollte der Frage nachgehen: Was bewegt diese Jugendlichen? Mit einem Freund und Kollegen konzipierten wir ein Drehbuch, das sich eben dieser Frage widmete. Die Umsetzung des Films scheiterte daran, dass die Realität uns auch in Deutschland einholte: In Erfurt erschoss der 19-jährige Robert Steinhäuser elf Lehrer, eine Referendarin, eine Sekretärin, zwei Schüler und einen Polizeibeamten, bis er sich selbst tötete. Er war Schüler am Gutenberg Gymnasium gewesen, an dem die Tat ausgeführt wurde.

Aus dem Drehbuch wurde später der Roman Der Rabe ist 8. Hier konnte ich detaillierter beschreiben, wie alleingelassen sich die beiden Hauptfiguren fühlen, wie überfordert mit den sich ständig ändernden gesellschaftlichen Normen und Werten, den fehlenden Ritualen. Und niemand weist ihnen den möglichen Weg. So träumen sie von radikaler Veränderung, und diese Träume ziehen Konsequenzen nach sich, die sie zunächst nicht überblicken.

Ist das eine mögliche Erklärung? Wie sehen die Alternativen aus?

Mit dem Buch mache ich auch jederzeit Lesungen in Oberstufen. Es bietet sich als Klassenlektüre an.

22.11.22 – nicht nur eine interessante Zahlenkombination (vergl. Der Rabe ist Acht), sondern gleichsam Datum der Erstpräsentation und Erscheinungstermin von „Im Geiste, Anna“ – eine Erzählung. Oder auch: Briefnovelle?

Danke dem Stifterhaus Linz und dem Kollektiv Verlag Graz für die Möglichkeit, dem Text eine Öffentlichkeit geben zu können, und Anna Freud (im Geiste) für die Inspiration von Tagträumen, Psychoanalytischen Überlegungen und Eigenermächtigung:

Unschlüssig nähere ich mich ihr, sodass ich sie beinahe mit meiner Nasenspitze berühre, die im Übrigen auf Nasenhöhe liegt mit der ihren, und auf die Frage, ob ich etwas suche, würde ich gern sagen, den Faden, der mein Leben spinnt oder, anders ausgedrückt, das Garn, aus dem die schönen Geschichten gemacht sind. Und da reicht sie mir ein Spinnrad und sagt: „Spinn dir den Faden deines Lebens oder wenigstens den deiner eigenen Geschichte.“ (Antelmann: Im Geiste, Anna, Kollektiv Verlag 2022)

Als Alsergrunder Bezirksstipendiatin widmete ich mich dem Leben und Schaffen von Anna Freud. Entstanden ist ein Text, in dem sie motivisch als ein Schatten aufscheint, der sich über die Gedanken meiner Hauptfigur wirft.

Eine erste Lesung von Auszügen des Textes fand am 25. Mai 2022 um 19.00 Uhr in der Bibliothek des Freudmuseums, Berggasse 19, 1090 Wien statt. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Friedrich Hahn als Initiator und Juror des Stipendiums, Saya Ahmad als Bezirkschefin Alsergrund für ihre engagierte und zugewandte Moderation sowie bei Peter Nömaier vom Freud-Museum Wien.

Unter dem Titel Im Geiste, Anna erschien der Text am 22.11.2022 im Kollektiv Verlag und konnte im Rahmen einer Doppellesung mit Herbert Stöger am 22.11. in Linz präsentiert werden – eine Aufzeichnung davon findet sich im Archiv des Stifterhauses. Mit Tobias Schmitzberger traf ich mich im Alsergrund zum Gespräch.

Inhalt

In einem fiktiven Briefwechsel an ihre Freundin Edith berichtet Martha von der unerwarteten Begegnung mit einer Doppelgängerin, wie sie zunächst meint, die sich später als die junge Anna Freud entpuppt, die aus einer vergangenen Zeit zu ihr spricht. Martha ist frisch von Deutschland nach Wien übersiedelt, um Abstand zu ihrem Vater zu gewinnen. Als Aushilfekraft in einem Teeladen auf sich selbst zurückgeworfen, begibt sie sich hier, unvermittelt und nicht ganz freiwillig, in die Eigenanalyse.

[…]

Liebe Edith,

die junge Frau hatte nicht auf der Bank am Ari-Rath-Platz gesessen, obwohl ich bis am späten Abend dort Wache hielt, und deshalb nutzte ich stattdessen den frühen Morgen, mich auf ein Wiedersehen durch das Schaufenster vorzubereiten. Noch bevor ich das Wechselgeld nachzuzählen begann und die Waage einschaltete, steckte ich den Schlüssel von außen in die Ladentür, als Schlüssel zum Unbewussten gewissermaßen, und befestigte das Schild Komme gleich wieder an der Tür, die ich anschließend offenließ, auf dass es niemanden irritiere.

Oder als Einladung an sie.

Tatsächlich sah ich sie wenig später herannahen. Und dieses Mal bildete ich mir ihre Erscheinung nicht ein. Kurz nur betrachtete sie die Auslage, ich glaube, es ging ihr um eine Teekanne aus Usbekistan, aber sie schien in Eile, das Leben rief nach ihr, vermute ich, aber als sie zum Weiterschlendern ansetzte, lief ich, nicht minder eilig, hinaus, verschloss den Laden und nahm die Verfolgung auf, in vollem Vertrauen darauf, dass sie mir den richtigen Weg weisen würde.

Sagen wir: einen beliebigen Weg.

Ich verlor sie in der Berggasse. Eben noch hatte ich sie vor mir gehen sehen, dann war sie weg.

[…]

Am Ende des Tages ist das Dunkel und darin ich. Und auch am Anfang stand das Dunkel, während ich in meiner Wiege lag und schrie, bis ich dann schwieg und an diesem Schweigen beinahe gestorben wäre, weil alle dachten, sie meldet sich nicht, also wird sie wohl keinen Hunger haben.

So beginnt der Text „Die vergessene Wiege“, der bereits in der Sendung „Neue Texte“ auf Ö1 gesendet wurde. In ungekürzter Fassung bekommt der Monolog über die Stimmlosigkeit der Mütter abermals eine Stimme verliehen, und zwar von dem wunderbaren Gunther Grasböck.

Nachzuhören sind die ersten beiden Teile unter:

https://cba.fro.at/550514 und https://cba.fro.at/556208

Der dritte Teil wird am 28. Mai um 9.45 erstmals ausgestrahlt: https://cba.fro.at/557976

Ja, lausch nur: Ich summe mir das Mehr herbei, nicht unähnlich deiner Melodie, da staunst du, und dann höre ich mir eine Weile zu, bevor es still wird, abermals still.

 

Ursprünglich bereits für den November 2021 geplant, werden wir die Veranstaltung auf jeden Fall nachholen. Inzwischen müssen wir abermals einem Krieg in Europa beiwohnen, als hätte es die Aufarbeitung von Geschichte, wie Pollack sie betreibt, die Warnungen und das Waren von Erinnerung an seine Schrecken, nicht gegeben. Umso wichtiger, das Erinnern weiterhin zu betreiben, auch in Hinblick darauf, wie lang ein Krieg weiterwirkt, ebnénso wie einmal geschürter Hass und injizierte Feindbilder.

In seinem Buch zeichnet Pollack das Leben seiner Großtante Pauline in der slowenischen Marktgemeinde Lasko/Tüffer nach. Auch meine Großtante war Opfer des Krieges. Ich fragte meine Großtante und ihre beiden Schwestern, alle drei von dicken, schützenden Schichten Körper umgeben: „Wovor schützt ihr euch?“ und kannte die Antwort bereits, auch ohne sie je zu erhalten. Denn sie konnte nicht darüber sprechen und folgte damit einem unausgesprochenen Verbot: Nicht Opfer sein zu dürfen, auch unabhängig vo ihrer Gesinnung, mit der sie sich von Anfang an, wie der Vater, gegen Adolf Hitler gestellt hatte. Da sie dem „Tätervolk“ entstammte, das an einer „nationalen Schuld“ zu tragen hatte, blieben ihre Erfahrungn der Flucht aus Schlesien und die Verletzungen, die ihr aufgrund ihrer Herkunft auch als Frau zugefügt wurden, ungehört.

Ich liebte diese Großtante, ihr großes Herz hatte sie sich zeitlebens bewahrt, aber je älter ich wurde, desto mehr Fragen tauchten auf, nämlich: Wie hatte sie sich eben dieses große Herz bewahren können, nach allem, was sie erlebt haben musste? Darüber las ich in Augenzeugenberichten, die erst Jahrzehnte später verfasst worden waren, Jahrzehnte, in denen der Schmerz sich soweit gesetzt hatte, dass die einst Geflohenen ihre Sprache wiederfanden – als Form der Selbstermächtigung. Diese Sprache brach sich erst dann den Weg, als weil es manchen von ihnen unmöglich geworden war, die Erfahrungen weiterhin zurückzudrängen. Sie unter Verschluss zu halten aber mochte ihnen zuvor notwendiger erschienen sein als das Sprechen, um nicht einzuknicken, in anderen Worten: um überleben zu können.

Weiterzuleben.

Das Gefühl des Wohlbehagens zwischen dicken Decken und dicken Tanten wird herausgerissen von der Erkenntnis, dass die altruistische Großtante jeden Tag auf den Heuboden versteckt werden musste, weil der Krieg kein Schamgefühl kennt. Und auch der Frieden tut sich  schwer mit diesem Schamgefühl. Die Verbrechen der Kriege verfolgen uns alle, solange wir die Geschichten nicht thematisieren, die der Großtanten, die unsrige, die gegenwärtige.

Umso mehr freue ich mich auf die noch bevorstehende Begegnung mit Martin Pollack, und dass wir über die Auswirkungen von Krieg sprechen können, der trennt statt vereint, und Familiengeschichte ebenso prägt wie die Weltgeschichte. Wie er teile auch ich die Überzeugung, dass „wir heute alle Geschichten erzählen können, vielleicht sogar müssen, ohne Zorn und Eifer, ohne etwas zu verschweigen oder auszublenden […].“

Die Matinee mit der Lesung aus „Die Frau ohne Grab“ wird in der Ottensheimer Bibliothek stattfinden, sobald es geht.

Bis dahin lege ich jeder und jedem die Lektüre des Werkes von Martin Pollack ans Herz.

Und sie spricht doch …

… Und dann: Der letzte Stein. So war das. Und siehe da: Ein Wunder geschah …

„Bist du das Kirche?“, fragt der Chronist, der sich anlässlich des 501-jährigen Bestehen der Kirche Ottensheim einfindet. Und sie antwortet. Am 23.10. hatte mein Text „Und sie spricht doch“ seine Ur- und Letztaufführung in der Pfarrkirche, die einmal ihre Stimme erheben durfte.

CHRONIST
Ich wusste gar nicht, dass du soviel von dem mitbekommst, was draußen geschieht.

KIRCHE
Hier drinnen wird all das verhandelt, was dort vor sich geht.

CHRONIST
Ich mag dein Innenleben.

Gemeinsam reisten Chronist und Kirche durch die letzten 501 Jahre im Leben der Kirche, begleitet von unerwarteten Gästen und Musik. Selbst die Orgel durfte zu Wort kommen (und zu Stimme) – sie wurde 1888 vom Orgelbauer Leopold Breinbauer erbaut:

ORGEL
Und zwar hier vor Ort, denn im Jahr 1844 entstand in Ottensheim eine Orgelbauanstalt.

Und natürlich unter Beteiligung vieler Ottensheimer und Ottensheimerinnen, darunter die beiden Chöre Tonart und Cornetto, die für uns die Glaubenskämpfe darstellten.

KIRCHE
Aus allem machst du eine Glaubensfrage! Heute ist mein Geburtstag und alles möglich.

CHRONIST
Ich glaube nicht … dass ich mit dir über Glaubensfragen diskutieren möchte.

Danke der Pfarre Ottensheim für die wunderbare Erfahrung! Und Thomas Bammer für die gemeinsame Arbeit am Text und seine Regie.

 

 

Wir werden so lange werkeln, bis alles ist, wie wir es haben wollen …

lautet ein Satz aus meinem noch nicht uraufgeführten Theaterstück Der Schwierige Raum.

Am 4. Juli gibt es um 19.30 Uhr eine Online-Lesung für drei Stimmen, gefördert vom Land Oberösterreich im Rahmen von art@home. Zu hören ist eine stark gekürzte Version des Stückes mit anschließender Publikums-Abstimmung, bei der alle im Laufe des Abends aufgeworfenen Überlegungen zu Themenfeldern wie Gemeinschaft, Umwelt, Familie samt Details zur Abstimmung gebracht werden, denn

Zukunft muss man gemeinsam träumen. Neue Begriffe ermöglichen neues Denken und damit vielleicht auch eine andere Beziehung zur Welt. (Ariadne von Schirach, Die Psychotische Gesellschaft)

Und so, wie die Utopie der (noch) Nicht-Ort ist, so ist der digitale Raum eine (noch) Nicht-Realität. Eine Test-Realität, sprich: ein Utopie-Trainingscamp.

In diesem Sinne: Lasst uns werkeln …

Kommentare zum Thema und Vorschläge für die utopische Welt sind herzlich willkommen; gern auch zu einem späteren Zeitpunkt hier auf meinem Blog.

Es lesen: Corinna Antelmann. Thomas Bammer. Florentina Kutschera/ Digitalisierungsberatung: Christian Oberndorfer

Link zur Veranstaltung: https://m.youtube.com/user/corinnaantelmann/videos (das Video wird ab ca 19.15 Uhr zu sehen sein und startet von selbst um 19.30) – hier ist der Abend auch nachzusehen für alle, die es interessiert.

 

Zukunft muss man gemeinsam träumen, steht in dem Buch Die Psychotische Gesellschaft von Ariadne von Schirach (übrigens eine Leseempfehlung). Neue Begriffe ermöglichen neues Denken und damit vielleicht auch eine andere Beziehung zur Welt (Seite 210).

Deshalb dieser Abend, der Vortrag, Film (Otto Saxinger, Lisa Spalt) und Publikumsgedanken zusammenzuweben suchte. Gemeinsam mit Lisa Spalt entstand die Idee, uns von den Dystopien, die allerortens die Oberhand zu gewinnen scheinen, nicht länger verrückt machen zu lassen, sondern lieber zu überlegen, wie sie denn nun aussehen soll, die andere Welt, der Raum, den wir in Zukunft zu bewohnen trachten.

„Füll mich“, sagt der Raum, „mach, dass etwas wird.“

Deshalb das Ansinnen, gemeinsam mit dem Publikum die folgenreiche Denk- und Besinnungsarbeit zu zu leisten, die es emöglicht, eine andere Welt zu beschwören, ja, zu erschaffen, denn, wie schon Gott sagt: Thought is the firts level of creation, next comes the word, next comes action. Actions are words moving (Conversation with God, Seite 74).

Wo, wenn nicht in Ottensheim, der Gemeinde der innovativen Ideen und gelebter Gemeinschaft, ließe sich der richtige Ort dafür finden, dieses Unterfangen zu beginnen?

Einen Abend lang widmeten wir uns also der Frage: Wie können Einzelmenschen zusammenleben?, in Übereinstimmung mit ihrer Umwelt?, in Übereinstimmung mit anderen und sich selbst?, und gaben dabei Entwürfe zur Inspiration, die in den letzten 2500 Jahren die Vorarbeit leisteten für uns, hier, heute. Im Gespräch zitierten wir unter anderem Fourier, Morus, Campanella und Margaret Cavendish: Inspirationen, wie es aussehen könnte, das Paradies, nach dem wir uns sehnen. Oder nicht? Was ist zum Beispiel mit Campanellas Vorschlag: Große, schöne Frauen werden mit großen, tugendhaften Männern gepaart, dicke mit dünnen und dünne mit dicken, zum Ausgleich allen Übermaßes? Da klingt Aristophanes schon wegweisender, wenn er die Paxagora das Zepter überlässt und sie sagen lässt: Die etwas Geringeren und Plattnasigen werden bei den Göttlichen sitzen; und wenn einer die Schönste begehrt, muss er erst einmal die Hässliche stoßen.

Und zuguterletzt wurden deshalb urdemokratisch (noch eine Leseempfehlung: Gegen Wahlen von David van Reybrouck) einige der in stiller Einzelarbeit entstandenen Vorschläge aus dem Gesamtpool gelost, um dann (ganz im Sinne der gegenwärtig praktizierten Demokratie; allerdings ohne Wahlkampf) zur Abstimmung zu gelangen.

Die OttensheimerInnen kreierten somit schlussendlich eine Welt, in der unter anderem Arbeit als erfüllend empfunden wird, statt als Gegensatz zum „Leben“, es eine unsichtbare Oma für die Einsamen gibt, keine Formal1-Rennen mehr stattfinden und alle gemeinschaftlich MITEINANDER leben.

Und so und so –

– so machen wirs.

Und die Liebe wird zur Hauptbeschäftigung (das füge ich mit Fouriers Worten einfach mal kommentarlos hinzu) …